Selbstpräsentation und Außenwirkung: Wie Du präsent bist, ohne Dich zu verstellen
- Marc Borst
- 5. Nov.
- 5 Min. Lesezeit

Es gibt Momente, in denen Du einen Raum betrittst und schon spürst, dass die Aufmerksamkeit bei Dir ankommt, noch bevor Du etwas gesagt hast. Und es gibt andere, in denen Du viel Mühe in Formulierungen, Folien und Fakten gesteckt hast, aber innerlich trotzdem klein wirst. Beides hat weniger mit "Tricks" zu tun als mit etwas Tieferem: Deiner stimmigen Präsenz.
Selbstpräsentation im Consulting wird oft mit äußeren Stellschrauben verwechselt: Kleidung, Körpersprache, Redegewandtheit. Das alles kann unterstützen, doch Außenwirkung entsteht, wenn Haltung, Sprache und Rahmen zusammenfinden. Dann wird aus Auftreten Begegnung. Und aus Begegnung Vertrauen.
Was Kund*innen tatsächlich wahrnehmen
Menschen lesen mehr als Wörter. Sie nehmen wahr, was vor den Worten da ist:
Mit welcher Absicht Du in ein Gespräch gehst.
Die innere Spannung, mit der Du Antworten suchst.
Den Respekt, mit dem Du eine Perspektive hältst, auch wenn sie Dir fremd ist.
Kund*innen spüren, ob Du beweisen oder verstehen willst. Ob Du eine These verteidigst oder einen Zusammenhang sichtbar machst.
Das heißt nicht, dass Inhalte unwichtig wären. Im Gegenteil: Fachlichkeit trägt Dich. Aber sie wirkt erst dann, wenn sie auf einem Boden aus Klarheit und Zugewandtheit steht. Wer aufmerksam zuhört, ordnet und präzise sprachlich auf den Punkt kommt, baut fachliche Wirkung und Beziehung zugleich.
Authentizität ohne Selbstinszenierung
"Sei einfach du selbst" ist ein freundlicher Rat aber oft zu vage. Authentisch zu wirken bedeutet nicht, alles ungefiltert zu zeigen. Es bedeutet, bewusst zu entscheiden, welche Aspekte von Dir in dieser Situation hilfreich sind. Du wählst nicht, wer Du bist, sondern womit Du in Kontakt gehst.
Das beginnt damit, zu wissen, wofür Du stehst. Wofür bist Du heute im Gespräch da? Was willst Du nicht tun? Wer so innerlich sortiert in einen Termin geht, braucht äußerlich weniger Mittel. Die Stimme fällt ruhiger, die Sätze werden kürzer. Pausen werden möglich. Und Pausen sind keine Lücke, sondern ein Zeichen dafür, dass Du präsent bist.
Der erste Satz
Der erste Satz trägt eine Einladung. Ob Du eine Runde eröffnest, eine Empfehlung begründest oder einfach nachfragst - der Anfang macht den Rahmen sichtbar. Mit einem ruhigen Start setzt Du einen Punkt auf die Landkarte, an dem alle sich orientieren können.
Ein stimmiger Einstieg klingt häufig unspektakulär: Du benennst, worum es Dir heute geht; Du verknüpfst Deine Perspektive mit der der Kund*innen; Du richtest den Blick auf das, was am Ende des Termins mehr Klarheit haben soll.
Die leise Autorität des Rahmens
Selbstpräsentation endet nicht an der Türschwelle zum Meetingraum. Du prägst Wirkung auch darüber, wie der Arbeitsrahmen entsteht. Freundliche Klarheit zu Zeit, Ziel und Entscheidungsschritten ist keine Formalie, sondern ein Service. Wer sauber rahmt, respektiert die Zeit der anderen und die eigene.
Dazu gehört auch, Grenzen auszusprechen, ohne den Kontakt zu verlieren. "Ich bleibe heute auf X fokussiert, damit wir bis 10:50 Uhr eine tragfähige Entscheidung haben." Das ist weder streng noch weich und fühlt sich stimmig für alle im Raum an.
Sprache, die Beziehung baut
Es gibt Wörter, die Brücken schlagen, und solche, die Mauern ziehen. In Beratungssettings sind es oft die kleinen Formulierungen, die über Wirkung entscheiden. Nicht, weil sie rhetorisch glänzen, sondern weil sie Haltung hörbar machen. Wenn Du statt "müssen" von "wollen" sprichst, übernimmst Du Verantwortung. Wenn Du statt großer Etiketten wie "Das ist völlig durcheinander" beschreibst, was Du konkret wahrnimmst, etwa "Hier sind noch drei Punkte offen, die wir klären sollten", entsteht Raum für Zusammenarbeit. Und wenn Du statt Abwehr ("Das habe ich so nicht gesagt") Verbindung herstellst ("Darf ich sagen, was ich meinte, und Sie ergänzen?"), entsteht Gespräch.
Solche Sprache braucht keine Show. Sie braucht Bewusstheit: Was will ich in diesem Gespräch ermöglichen? Welche Beziehung will ich halten, gerade wenn es eng wird? Sprache ist dann nicht mehr Dekoration, sondern Führung.
Außenwirkung beginnt im Körper
Selbstpräsentation wird leichter, wenn Du den Körper nicht als "Transportmittel für den Kopf" behandelst. Präsenz ist spürbar, bevor sie argumentiert. Aufrechter Stand, sichtbare Hände, ruhiger Atem sind keine Regeln, sondern Koordinaten, die Dir erlauben, Dich zu verorten. Wer geerdet ist, wirkt klarer.
Viele Berater*innen berichten, dass sie in wichtigen Momenten schneller sprechen. Nicht, weil sie viel zu sagen hätten, sondern weil die innere Spannung Lücken füllen will. Das Gegenmittel ist einfach: erst atmen, dann sprechen. Wer so die eigene Geschwindigkeit justiert, ist verständlicher.
Unsicherheit ist kein Widerspruch zur Souveränität
In neuen Rollen ist Unsicherheit normal. Wenn Du versuchst, Deine Unsicherheit zu verbergen, richtest Du sehr viel Energie nach innen. Das führt dazu, dass Du angestrengt oder unnahbar wirkst und dass Deine Botschaften an Klarheit verlieren, weil Du mehr mit Dir selbst beschäftigt bist als mit Deinem Gegenüber. Souveränität wächst nicht aus Abwesenheit von Nervosität, sondern aus dem Umgang damit. Ein ruhiger Satz, der Bedeutung anerkennt ("Das Thema ist wichtig, deshalb starte ich bewusst langsam."), nimmt Druck und hält Verbindung.
Wirklich heikel wird es, wenn Unsicherheit in Rechthaben kippt. Dann wirst Du hart, erklärst zu viel, verteidigst Dich gegen Fragen. Kund*innen erleben das als Distanz. Der Schritt zurück zur Präsenz ist kleiner als er sich anfühlt: innehalten, die Frage würdigen, den eigenen Punkt auf das Wesentliche reduzieren. Du musst nicht glänzen. Du darfst klar sein.
Selbstpräsentation ist Beziehung - auch zu Dir
Vielleicht kennst Du den Impuls, Dich an Senior-Kolleg*innen zu messen. Deren Ruhe, deren Schlagfertigkeit, deren Status. Das Vergleichsdenken verführt zur Pose und zur Selbstabwertung. Stimmige Außenwirkung entsteht nicht, wenn Du Dich in eine fertige Figur hineinstellst. Sie wächst, wenn Du heute etwas klarer wirst als gestern: in dem, wofür Du einstehst; in der Art, wie Du mit Einwänden umgehst; in Deiner Bereitschaft, auch im Gegenwind offen zu bleiben.
Diese Haltung verändert nicht nur, wie Du gesehen wirst. Sie verändert, wie Du Dich siehst. Nicht als Projektionsfläche für Erwartungen, sondern als gestaltende Person in einer professionellen Beziehung. Genau hier kann Coaching Dich begleiten - als Raum, in dem Stimmigkeit wächst.
Die subtile Kraft der Mini-Story
Beratung lebt von Kontext. Menschen verstehen Dich nicht nur über Fakten, sondern über den Rahmen, in dem Du sie einordnest. Eine kurze, ruhige Mini-Story schafft genau diesen Rahmen. Sie zeigt, worum es in der Sache geht, wie Du arbeitest und was für den Moment wichtig ist.
Eine solche Mini-Story könnte so beginnen:"Viele Kund*innen stehen an einem ähnlichen Punkt. Die Themen sind klar, aber die Reihenfolge fehlt noch. Genau da unterstütze ich. Wir sortieren, priorisieren und schaffen Entscheidungssicherheit."
In wenigen Sätzen wird deutlich, wie Du denkst und welchen Beitrag Du leistest. Das schafft Orientierung, ohne Dich in den Mittelpunkt zu stellen. Es macht Dich greifbar.
Solche Geschichten erden Erwartungen. Sie nehmen den Druck, perfekt wirken zu müssen, weil sie zeigen, dass Du bereits im Kontakt bist. Du bist nicht auf einer Bühne, sondern in der Arbeit mit Menschen.
Wenn Du später im Gespräch zu einer Entscheidung führen willst, trägt diese Mini-Story weiter. Sie hat die Beziehung bereits geöffnet. Du knüpfst an etwas Vertrautes an und kannst die gemeinsame Linie fortsetzen, ohne erneut überzeugen zu müssen.
Kleine Einladung zum Ausprobieren
Falls Du eine Sache aus diesem Text mitnehmen willst, dann diese: Beginne jeden Kundentermin mit einer inneren Klarheit über Deine Absicht. Nicht als Mantra, sondern als Orientierung. "Heute will ich das Bild der anderen Seite verstehen, die drängendsten Fragen sauber sortieren und eine nächste Entscheidung vorbereiten." Sag es Dir leise. Und lass es Deine Sprache ordnen.
Wenn Du zusätzlich etwas Greifbares magst, dann nimm Dir beim nächsten Termin die Freiheit, einen Satz langsamer zu starten als üblich. Nicht alle. Einen. Und warte einen Herzschlag, bevor Du weitersprichst. Nur ein Moment, in dem Du Dich wieder einsammelst.
Worauf es am Ende ankommt
Selbstpräsentation ist keine Bühne, auf der Du Dich beweisen musst. Sie ist ein Feld, auf dem Begegnung möglich wird. Du bringst Fachlichkeit mit, ja. Aber was Dich am stärksten wirken lässt, ist Stimmigkeit: Deine Themen, Deine Sprache, Dein Rhythmus in Verbindung mit dem Gegenüber.
Wenn Haltung, Sprache und Rahmen miteinander sprechen, entsteht etwas, das man kaum "machen" kann: Vertrauen. Und Vertrauen ist im Consulting mehr als ein weiches Gefühl. Es schafft Geschwindigkeit, Tiefe und Tragfähigkeit in Entscheidungen, Konflikten und Veränderungen.
Dorthin führt keine Abkürzung. Aber der Weg ist nicht kompliziert:
Klar sein, wofür Du da bist.
Offenbleiben, wenn es eng wird.
Führen, ohne den Kontakt zu verlieren.
So entwickelst Du eine Außenwirkung, die lange trägt.



Kommentare